Sting im Hallenstadion: ''Schmerzhafte Liebessongs sind interessant''...
Nein, leicht hatte es Sting nicht. Die Konkurrenz an diesem Dienstag war gross.
Das Zürich Film Festival hatte die Limmatstadt fest im Griff und der FC Basel
mischte sich in die Champions League ein. Doch auch Sting hat seine Anhänger und
so war das Hallenstadion angenehm gefüllt, als er mit 'If I Ever Lose My Faith'
ins Konzert startete.
Bekanntlich tourt das Royal Philharmonic Orchestra gerade gemeinsam mit Sting
und das ist unüberhörbar eine goldrichtige Kollaboration. Durch die veränderten
Arrangements und die perfekt harmonisierende Musikertruppe - manche nennen das
Royal Philharmonic Orchestra gar Englands Nationalorchester - wurden Stings
Stücke neu belebt. Es schien so, als ob Dirigent Steven Mercurio und sein
Orchester verborgene Facetten in den Welthits zu betonen vermochten. So
plätscherte 'Englishman in New York' noch relaxter, als der Song es im Original
schon tut und 'Roxanne' wurde zur zärtlichen Klassiknummer. Grossartig und
schlicht packend war es, zu sehen, wie sowohl Sting als auch das Orchester von
Nummer zu Nummer spielfreudiger wurden und schon nach wenigen Songs hätte man
wetten können, dass diese Formation schon ewig zusammenspielt.
''Es gibt zwei Arten von Lovesongs'', erklärte der gesprächige Sänger, bevor er
'When We Dance' anstimmte: ''Die Ich-liebe-dich-und-du-liebst-mich-Songs, die
langweilen mich. Und dann gibt es die
Ich-liebe-dich-aber-du-liebst-jemand-anders-Songs, die sind zwar schmerzhaft,
aber interessant.'' Sting erzählte viel, gab Anekdoten über seinen Vater preis,
kündigte den für einen Oscar nominierten Song, 'My Ain True Love', aus dem Film
Cold Mountain, an, indem er bedauerte, dass es für den Filmpreis nicht gereicht
habe oder er gestand, dass er sich gelegentlich über sich selbst wundere, wenn
er zum Beispiel Songs über männliche, transsexuelle Prostituierte schreibe.
Witzig war er der Sting, aber auch gut, entwaffnend gut sogar. Wenn er mit
Backgroundsängerin Jo Lawry um die Wette sang und sich ihre beiden Stimmen
förmlich umgarnten, dann war das ganz grosse Klasse. Auch mit der Mundharmonika
vor dem Gesicht macht Gordon Sumner, so sein bürgerlicher Name, eine gute Figur.
Ein weiteres Highlight war das dezente Violinien-Intro zu 'Whenever I Say Your
Name'. Das Hallenstadion war totenstill, lauschte gebannt dem Geschehen auf der
Bühne, kein Störgeräusch war auszumachen. Was besonders auffiel, war, wie Sting
sich in solchen Momenten, wenn jemand aus dem Orchester solierte, an den
Bühnenrand zurückzog und den Musikern respektvoll die Bühne überliess. Dadurch
wurde eine gegenseitige Akzeptanz, eine Art Verbundenheit, die man in den Songs
fast physisch zu spüren glaubte, deutlich.
Ja, der Abend war grossartig, diverse Hits hat Sting dem Hallenstadion geschenkt.
'Fields Of Gold', 'Every Breath You Take' oder 'Desert Rose', um nur einige zu
nennen. Als er mit dem letzten zerbrechlichen Moment, dem Song 'Fragile', das
fantastische Konzert beendete, war klar, dass Sting - im Gegensatz zum FC Basel
- einen grossartigen Sieg nach Hause tragen konnte.
© Students.ch