57th & 9th

Apr
4
2017
Dusseldorf, DE
Mitsubishi Electric Halle
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Sting in Düsseldorf: Ein Weltstar und sein Polizei-Chor...

Die wilden Zeiten sind Legende. Stattdessen lud Sting seine Fans zum Familienkonzert ein. Dabei wurde viel im Song-Album von damals geblättert.

Düsseldorf. Im Oktober 1980 stehen drei junge Musiker auf der Bühne des legendären WDR-Rockpalastes. Die legen mit solcher Energie los, dass der Sänger schon nach einer halben Stunde große Probleme hat, die hohen Töne bei „So lonely“ zu treffen. Am Dienstabend spielte Sting den Song wieder vor ausverkaufter Halle in Düsseldorf – im letzten Teil des Programms. Und zwar so perfekt, wie man es zu den wilden Zeiten von „The Police“ nie gehört hat. Dazu wurde die Vorgruppe „The last Bandoleros“ zur Gesangsunterstützung auf die Bühne gebeten. „Police“ war einmal, stattdessen stand da bei „So lonely“ ein ganzer Polizei-Chor. Der Song gehörte zweifellos zu den Momenten, die das Ü 40-Publikum mit nach Hause genommen hat. Das war mindestens so schön wie auf der Platte und dabei so harmonisch, dass es den echten Rock’n’-Roller doch ein bisschen schüttelte.

Es war eben ein echter Familienabend, den Gordon Sumner, wie Sting mit bürgerlichem Namen heißt, für seine Fans veranstaltete. Der wurde von seinem Sohn Joe mit der Akustik-Gitarre eröffnet. Vor allem die Stimme erinnerte stark an seinen Vater. Die drei Songs gingen nahtlos in den Auftritt von „The last Bandoleros“ über, die ebenfalls längst zur Sting-Familie gehören und ihn während der ganzen Tour begleiten. Für die junge Band eine große Chance und für Sting die Möglichkeit, die Truppe mit perfektem Satzgesang als Background-Chor ins Konzert einzubauen.

Ein völlig neues Live-Gefühl bringt das vor allem bei den Police-Songs, die in absolut tadellosem Sound. Wo früher während der ersten Lieder noch eifrig am Mischpult geschraubt wurde, um das gefürchtete Quietschen der Rückkopplungen für den Rest des Abends in den Griff zu bekommen, sitzt bei Sting der erste Ton.

Mit „Synchonicity II“ legt der 65-Jährige los und lässt mit „Spirits in the material world“ gleich den nächsten Police-Klassiker folgen. Vorbei sind offenbar die Zeiten, in denen Sting sich bei Interviews verbat, Fragen nach seiner alten Band zu stellen. Offenbar erinnert sich der Bassist und Sänger wieder gerne an alte Zeiten. Aber er lebt nicht wie viele andere Stars seiner Altersklasse nur in der Vergangenheit. Mit „Can’t stop thinking about you“ und „One fine day“ konnte er gleich zwei Songs aus seinem aktuellen Album in den Radio-Charts unterbringen. Und die sind kein bisschen schlechter als seine Klassiker wie „Englishman in New York“ oder die alten Police-Hymnen.

Einmal übertreibt Sting es mit der Harmonie. Bei dem langsamen „Down, down, down“ hat man das Gefühl, dass Band und Publikum beim Leierkasten-Sound langsam wegnicken. Immerhin kommt dann der Weckruf, bei „Message in a bottle“ steht die Halle wieder Kopf. Zum Finale gibt es eine Hommage an eine Dame, der Sting viel zu verdanken hat. Denn „Roxanne“ war einer der Hits, die ihm den Weg zum Weltstar ebneten. In den Song bettete er das legendäre „Ain’t so sunshine“ ein, bevor das normale Konzert nach rund eineinhalb Stunden zu Ende war. Die Zugabe hatte dann symbolischen Charakter – mit „Next to you“ war der Sänger seinen Fans ganz nah.

Die diskutierten beim Verlassen der Halle eifrig über das Konzert-Erlebnis. Der Sound war klar besser als früher, ohne Ecken und Kanten. Aber gehören die nicht gerade zu einem aufregenden Rockkonzert dazu? Andere Zeiten eben.

(c) Westdeutsche Zeitung by Dieter Sieckmeyer

Sting bringt seine Fans zum Heulen...

Der 65-Jährige Rockstar Sting spielte bei seinem Konzert in Düsseldorf in der Mitsubishi Electric halle ein Best-of-Programm und rührte damit seine Fans oft zu Tränen. Von Philipp Holstein

Der Abend ist schon zur Hälfte vorbei, da wird Sting ganz ruhig. Er schließt die Augen, er spielt die Ballade "Shape Of My Heart", man hört nur eine akustische Gitarre und ein bisschen Percussion. Sting singt vom Verlust, der Himmel schickt honiggelbes und weiches Licht, und obwohl die Halle so groß und mit 7000 Fans ausverkauft ist, fühlt man sich jedem Besucher irgendwie verbunden. "Kannst ruhig heulen", sagt eine Frau zu ihrer Freundin. Und dann nehmen sie einander in den Arm.

Sting tritt in der Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf auf. Der 65-Jährige spielt wenige neue Nummern und viele seiner Solo-Hits, dazu nahezu den kompletten Best-of-Katalog seiner Band The Police. Man guckt diesem charmanten Kerl gerne zu, und man ist neuerlich davon beeindruckt, wie es ihm gelingt, für jeden Song die passende Atmosphäre zu schaffen, Stimmungen zu variieren. Es geht einem außerdem noch einmal auf, wie komplex viele seiner Lieder arrangiert sind. "Hung My Head" zum Beispiel ist ein raffiniertes Stück Pop im 9/8-Takt – so etwas bekommt ja überhaupt nur er hin. Und "Walking On The Moon" ist eine Reggae-Dekonstruktion, die zu spielen so fordernd ist, dass die Wenigsten dazu auch noch singen könnten. Sting aber eben doch.

Der größte Teil des Sets ist auffallend druckvoll. Sting spielt in großer Rock-Besetzung, zum Teil sind zehn Leute auf der Bühne, die meisten ziemlich jung. Einer von ihnen ist Stings 40 Jahre alter Sohn Joe Sumner, den der Papa einmal ans Mikro lässt, damit er "Ashes To Ashes" von David Bowie singen kann. Er erinnere sich noch, wie Joe in seiner Wiege lag, während er "Message in A Bottle" schrieb, sagt Sting. Und dann spielen sie gemeinsam "Message in A Bottle".

Sting fühlt sich in dieser Gesellschaft offensichtlich wohl. Er verwandelt "Englishman in New York" in einen Funk-Song, er zelebriert "Pretty Young Soldier" als reine Walzer-Seligkeit, und "Roxanne" ist der Wahnsinn, weil Sting das Lied schön lässig in "Ain't No Sunshine" von Bill Withers übergehen lässt, dann wieder abbiegt und zurückkehrt in den Originalsong und schließlich, ganz am Ende, den Songtitel so wunderbar durchdringend herausschreit, dass man denkt, es ist noch immer 1978.

Sting bewegt sich wenig, er streckt die Brust raus und zeigt Oberarm-Muckis, einmal trinkt er Tee aus einer weißen Tasse. Er ist das Energiezentrum auf der Bühne, sein schartiger Bass liegt auf seinem flachen Bauch, und manchmal merkt man, dass Sting selbst zufrieden ist mit sich und der Welt. Dann reißt er den Hals seines Instruments hoch und wirbelt einmal um die eigene Achse.

Am Anfang beklagte sich ein Mann, der im Anzug gekommen war, bei seiner Frau, dass es keine Stühle gab: "Jetzt steht man hier wie ein Ochse!" Am Ende dürfte er versöhnt gewesen sein. Es hätte ihn eh nichts auf dem Sitz gehalten.

(c) Rheinische Post by Philipp Holstein

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